Leseprobe von Menschheit am Abgrund vom Autor Klaus Wollny
ISBN  Mai Langsam stieg die Sonne empor und es kĂŒndigte sich ein neuer Tag an. Ein Tag, wie jeder andere. Ein Tag welcher keine Zeit kannte. Ein Tag voller Einsamkeit. Er schaute gedankenversunken auf das Meer hinaus, das still vor ihm lag und in ihm drĂ€ngten sich Erinnerungen auf. Seine Gedanken katapultierten ihn in die Vergangenheit. In die Vergangenheit des Jahres , das Jahr als alles begann. Er musste an seine Mutter denken, an seinem Vater, an Herbert seinem Bruder, an Uwes Vater Hans, an die Flucht, an die Gefangenahme durch die Russen, an den Major Anton Karmenkow und an die vielen Freunde. Und dann an Ina, seine groĂe Liebe die selbst nach dieser langen Zeit nicht versiegen wollte. Ina, welche er nie vergessen werde und als dann der Abschied kam, wollte er die Schöpfung verfluchen. Er hatte ihnen etwas aufgebĂŒrdet, etwas, was ihm und seinem treuen Freund Uwe in grenzenlose Einsamkeit stĂŒrzte, - aus dem es kein Entrinnen mehr gab. Die Schöpfung hatte ihm eine unvorstellbare Macht ĂŒbertragen, um das Grauen, den Splitter der Schöpfung zu vernichten. Ausgerechnet er, der mit viel zu starken GefĂŒhlen behaftet und nie ein Held war und sein wollte. Aber er hatte sich verĂ€ndert. Seine Liebe zu den Mitmenschen war weiterhin stark geprĂ€gt, dagegen bei einer Vollstreckung wurde er hart und kĂ€mpfte mit seiner ganzen Macht. Was hatte das Geisteswesen ETWAS ihn ĂŒbermittelt? Die Schöpfung ist voll von Liebe, aber unerbittlich wer sich der Ordnung wiedersetzt. Er spĂŒrte, dass ihm das ĂŒbertragen wurde. Er wusste, wenn das teuflische Grauen nicht besiegt wird, nicht nur das Ende der Menschheit bedeutet, sondern auch die Ordnung des Kosmos zerstört wird und dem absoluten NICHTS Platz macht. Er hatte sich gegen die Felswand gelehnt und starrte in den Himmel, seine Augen besaĂen einen starren tiefen Ausdruck, sein Gesicht drĂŒckte Entschlossenheit aus und er schrie hinaus: Gott, du hast uns die Unsterblichkeit geschenkt aber auch die grenzenlose Einsamkeit mitgegeben. Warum gerade ich und warum auch mein Freund? Warum? Warum? Leichter Wind zog auf. Dicke schwarze Wolken bildeten sich und es wurde Nacht. Er fĂŒhlte sich schwach und musste sich auf den Boden legen und ahnte, dass er der Grund war. Aus dem Wind wurde ein Orkan. Ein gewaltiger Blitz schlug in den Felsen ein. Steinbrocken stĂŒrzten herab. Der Donner schien keine Zeit zu kennen und wirkte durch die lange Dauer unnatĂŒrlich. Schlagartig trat Ruhe ein. Kein LĂŒftchen wehte mehr. Die SchwĂ€rze des Himmels und die aufkommende absolute Dunkelheit lieĂ ihn erschauern. Sein Körper bebte und er meinte keine Zeit mehr zu kennen. Alptraumartige Angst beherrschte ihn, als sich aus der SchwĂ€rze der Nacht eine blaue Kugel bildete, sich ihm langsam nĂ€herte und ihn einschloss. Er spĂŒrte wohltuende WĂ€rme und Liebe die sich in seiner Seele ausbreitete. Die Angst schwĂ€chte sich immer mehr ab, tiefer Friede breitete sich aus und er wurde von der Allmacht Gottes eingenommen. Ăbergangslos flossen ihm StĂ€rke, Macht und Erkenntnisse zu. Sein Körper wurde zu einem Vulkan, er brannte und glaubte an das Ende. Als er sich aufgab, trat Ruhe ein. Die Liebe, die er anfĂ€nglich empfing nahm ihn wieder im Beisitz. Er öffnete sich und wusste zugleich, dass ihn die Schöpfung zum entscheidendem Kampf gewappnet hatte. Als ihn die blaue Kugel freigab, verankerte sich ein Gedanke. Du bist jetzt der Terminator.  Langsam kam er zu sich, alles schien wieder wie vorher. Aber er war der Terminator geworden, mit einer göttlichen Macht und mit einem Wissen und Kenntnissen verstand er jetzt die Ordnung.  Er lag am Boden und sein Körper weigerte sich aufzustehen. Alles schien, als wĂ€re nichts geschehen. Der Himmel zeigte sein schönstes Blau. Die Sonne strahlte in seiner ganzen Kraft. Auf dem Meer sah er in der Ferne ein Kreuzfahrtschiff kreuzen. Langsam kam er zu sich. Was war das? Diese SchwĂ€rze, dieser grelle Blitz mit dem minutenlangen Donner, die blaue Kugel die ihn umschlossen hatte. Was war das? War das die Schöpfung? Oder ein Teil von ihm? Und dann diese unbegreifliche Macht die ihn ĂŒbertragen wurde. Er wusste, dass ihm dieses Erlebnis in aller Ewigkeit erhalten bleiben wird. Aber auch, dass er sich dem Teufel stellen musste. Heute wurde ihm erst richtig bewusst, dass die Entscheidung ĂŒber das Universum Gestalt angenommen hatte. Seine Gedanken ĂŒber dieses unbeschreibliche Erlebnis wurde gestört, als er Uwe laut schreien hörte: âRalf, wo warst du?â er rannte auf ihn zu und umarmte ihn. âIch bin schon eine Weile hierâ, antwortete er und wusste zugleich, dass das nicht stimmen konnte. Uwe löste seine Umklammerung, legte seine HĂ€nde auf seine Schulter, sah ihn in die Augen und sagte erregt: âEine Weile? Eine Weile? RALF, d r e i  Tage habe ich dich gesucht.â âDrei Tage?â Eine schreckliche Ahnung beherrschte seine Sinne. âWurde es am Tag auch einmal Nacht?â âNEIN, drei Tage nur Sonnenschein.â Er drehte sich herum und ging schweigend mit hĂ€ngendem Kopf auf und ab. âJetzt verstehe ich.â, sagte er fast flĂŒsternd.  âDie Schöpfung war in dir. In dem Geisterwesen ETWAS gibt es keine Nacht.â Er setzte sich auf einen Stein, stĂŒtzte seinen Kopf mit den HĂ€nden ab und schwieg. Ralf starrte unbeweglich auf das Meer. Das Meer erschien von hier unendlich wie der Kosmos. Der Kosmos unendlich? Nein, das konnte er nicht begreifen. WAS oder WER war die Schöpfung? Nicht einmal das Geisteswesen ETWAS konnte ihm diese Antwort geben. Er riss sich aus seinen Gedanken, setzte sich neben seinem Zeitbegleiter und Freund und sagte: Ich muss dir ĂŒber mein unbegreifliches Erlebnis erzĂ€hlen.â Die Sonne hatte eine rote Farbe angenommen und war dabei sich zu verabschieden, als er mit seiner ErzĂ€hlung abgeschlossen hatte. Nach lĂ€ngerem Schweigen begann sein Freund: âDie Schöpfung schenkte uns wohl die Unsterblichkeit aber damit auch die grenzenlose Einsamkeit. Denn Generationen werden kommen und gehen und sie werden uns zurĂŒcklassen. Wir wurden als WĂ€chter und du dazu noch als Terminator bestimmt, um gegen die Teufelsbrut zu kĂ€mpfen. Doch Freundschaft und Liebe sind fĂŒr uns nur ein kurzes Geschenk der Zeit.â âIch muss an Ina denkenâ, erwiderte er traurig. âWarum kann ich sie nicht vergessen? Warum hat die Schöpfung sie mir nicht gelassen? Die Zeit hat sie,.... wie alle anderen weggerafft.â Er ging zum Felsen, der sich wie ein gewaltiger Finger zum Himmel streckte, öffnete das Geheimfach und entnahm Inas letzten Brief, den er auswendig kannte aber von Zeit zu Zeit immer wieder lesen musste. Die Handschrift war das einzige was ĂŒbriggeblieben war. Und die Erinnerung, welche sich fĂŒr alle Zeiten eingebrannt hatte. Und wieder las er ihren letzten Brief und konnte seine TrĂ€nen nicht zurĂŒckhalten:  Mein Iiiiigor, mein Geliebter, meine groĂe Liebe. Verzeih mir. Verzeih mir, dass ich Dir diesen Schmerz habe antun mĂŒssen. Ich konnte nicht mehr ansehen, wie ich immer Ă€lter wurde. Und ich wollte nicht, dass Du Dich eines Tages von mir abwendest. Denke an die schöne Zeit, die uns gegeben war glĂŒcklich zu sein. Behalte mich in deinen Gedanken bei allen Deinen Zeitreisen. Vielleicht wird uns die Schöpfung eines Tages zusammenfĂŒhren. Ich liebe Dich und bis zu meinem Einschlafen bist nur Du bei mir. Ich werde jetzt mĂŒde und trete die lange Reise an. Verzeih mir. Deine I n a  Er faltete den Brief wieder zusammen und verschloss ihn wieder in den Felsen. Diesen Brief sollte niemand finden und wenn ihn doch jemand in den HĂ€nden hielt, dann wĂŒrde dieser zu Staub zerfallen. Er wischte seine TrĂ€nen aus dem Gesicht, setzte sich wieder neben seinem Freund. Inzwischen war die Dunkelheit hereingebrochen. âDu solltest den Brief von Ina nicht mehr lesen. Oder soll ich Igor sagen?â Darauf wollte er nicht antworten. Doch bald mussten sie Lanzarote verlassen. Alle 10 Jahre mussten sie immer wieder weiterziehen, da sie durch ihre Nichtalterung Verdacht erregen wĂŒrden. 72 Jahre waren sie alt, aber das Aussehen von 30 Jahren besaĂen. Sie liebten das kleine gekaufte Haus auf dem Felsen, das Abseits jeglichem Ferientrubels stand.  Sie liebten die Ruhe, die wunderbaren SonnenuntergĂ€nge, das Meer, das sich vor ihnen ausbreitete und hier tankten sie immer fĂŒr ihren bevorstehenden Kampf auf. Die Menschheit stand am Abgrund und mit ihm der Kosmos. Er musste mit Uwe den Teufel besiegen und es gab ihm die Kraft, die Schöpfung und das Geisterwesen ETWAS hinter sich zu wissen. Uwe erhob sich und forderte ihn auf: âEs ist Nacht. Lass uns ins Haus gehen. Gott hat uns wenigstens noch den Schlaf gelassen.â âUnd den Hunger und den Durst. Aber leider auch die Liebe.â âEs geht um die Liebe, Ralf. Deshalb,...â âBitte schweig.â          K a p i t e l 1    Juli anHan Es war ein Tag wie jeder andere.  Nichts deutete darauf hin, dass die Ruhe gestört werden könnte. Die Sonne strahlte als wĂ€re es der letzte Tag. Die Segeljacht durchpflĂŒgte gemĂ€chlich das stille Meer und eine unsagbare Ruhe lag in der Luft. Eine Ruhe, die unwirklich erschien. War das die Ruhe vor dem Sturm?   Er sah zu Uwe, der ausgestreckt und gedankenverloren auf dem Boden lag. Uwe, stĂ€mmig, mittelgroĂ mit fĂŒlligen braunen Haaren, die lose bis zur Schulter herunterfielen. Seine breiten Backenknochen und seine dunklen braunen Augen gaben ihm eine markante Erscheinung. Er musste daran denken, dass er ihm körperlich weit unterlegen war. Trotz seiner GröĂe von 1,85 war er mehr schwĂ€chlich gebaut. Im Gegensatz zu Uwe besaĂ er ein schmales Gesicht mit stahlblauen Augen. Eigentlich waren sie ganz verÂschiedene Typen, dachte er. DafĂŒr war ihre FreundÂschaft seit ihrer Kinderzeit zu einer untrennbaren festen Freundschaft angewachsen. Er wurde in seinen Gedanken gestört, als Uwe aufstand und sich neben ihn an die BrĂŒstung anlehnte. âDenke nicht so vielâ, hörte er ihn sagen. âDu hast vorhin aber auch gedacht.â Ein kleines LĂ€cheln glitt ĂŒber seine leichtwulstigen Lippen und erwiderte: âJa, das habe ich.â Er drehte sich um und blickte in den Himmel und sagte nach einer Pause: âDie Menschheit spĂŒrt nichts von dem Kampf u